Gehaltserhöhungen bei indischen Entwicklern
Wie in Deutschland auch, erwarten indische Programmierer eine Gehaltserhöhung. Diese Steigerungen finden meistens in einem Zeitraum von 12 Monaten statt.
Hier ein paar Informationen dazu und wie man mit solchen Gehaltserhöhungen umgeht.
Einstieg
Die meisten Entwickler auf dem Subkontinent steigen mit einem sehr niedrigen Einstiegsgehalt ein. Daher sind die Gehaltssteigerungen am Anfang auch sehr hoch. Meistens wird das Einstiegsgehalt in Indien nach 6 Monaten nach dem Einstieg revidiert, besonders wenn es sich um gute Mitarbeiter handelt.
Innerhalb der ersten zwei bis drei Jahre gibt es jährliche Steigerungen des Einkommens von zirka 30 Prozent (dabei ist, wie schon beschrieben, zu beachten, dass der Einstieg eher niedrig ist).
Nach drei bis vier Jahren
Nach drei bis vier Jahren Berufserfahrung steigen die Gehälter dann mit zirka 15 Prozent pro Jahr, da hier die Einkommen bereits höher sind und diese 15 Prozent bereits einen guten Wert ausmachen.
Nach fünf bis sechs Jahren
Nach fünf bis sechs Jahren steigen die Gehälter in einem 12 Monatsrhythmus um zirka 10 Prozent.
Bei Jobwechsel
Wenn Entwickler von einem Job zum anderen wechseln, dann wird oftmals nach einer Erhöhung von 30 Prozent zum derzeitigen Einkommen gefragt. Der Grund liegt darin, dass die meisten Programmierer auf dem Subkontinent zwei Jahre lang bei ihrem derzeitigen Arbeitgeber Erfahrung sammeln, um dann beim nächsten Arbeitgeber die 30 Prozent durchsetzen zu können.
Best Practice und Herausforderungen
Die Herausforderung bei Gehaltserhöhungen ist folgende: Wenn man den Entwickler behalten möchte, d.h. ihn vom Wechsel abzuhalten, dann sollte man eine Mindesterhöhung von 10 Prozent (bei Senior Entwicklern) in einem 12 Monats-Rhythmus geben.
Wenn man dies nicht macht, dann passiert folgendes: Der Entwickler wird nach einer Gehaltserhöhung fragen. Wenn er diese nicht bekommt, wird er langsam anfangen nach einer neuen Stelle zu suchen. Er/ sie weiss, dass dies einige Zeit in Anspruch nehmen wird und wird dann nach zirka weiteren 6 Monaten bis 12 Monaten eine neue Stelle antreten und hier die 30 Prozent mit dem neuen Arbeitgeber verhandeln.
Wie man handeln sollte
Viele indische Programmierer sind gut, aber haben hier und da mal ihre Macke, wie zum Beispiel das sie mal unentschuldigt fehlen (dies jedoch fast immer mit gutem Grund), oder das sie die Arbeit “etwas” schleifen lassen. Aber das findet man sicherlich auch im deutschsprachigen Raum.
Die Frage die man sich also stellen muss ist folgende: “Wollen wir den Entwickler behalten?” Wenn die Antwort “Ja” heisst, dann sollte man die Forderung nach den jährlichen 10 Prozent (bei Senior Entwicklern) und bei Junior Entwickler 15 bis 30 Prozent zustimmen.
Fazit
Karriereschritt
Indische Entwickler empfinden die jährliche Gehaltserhöhung als nächsten Schritt ihrer Karriere. Eine Verweigerung dieser Erhöhung führt meistens dazu, dass der Mitarbeiter sich nicht wertgeschätzt fühlt. Sogar eine Promotion in eine bessere Stelle ist nicht annähernd so wichtig wie das mit der Einkommenssteigerung.
Familiäre Stellung
Gleichzeitig sollte man nicht vergessen, dass Softwareentwickler meistens aus relativ gutgestellten Familienhäusern kommen und dementsprechend auch vielen Forderungen aus der eigenen Familien gegenüber gestellt sehen. Ein neues Auto, ein Eigenheim, gute Ausbildung der Kinder, für das alles muss das Einkommen in irgendeiner Weise ausreichen.
Kontinuität der Beschäftigung
Um diese Forderungen zu befriedigen, müssen in manchen Fällen (oder sogar in den meisten Fällen) Kredite aufgenommen werden. Daher ist ein weiterer wichtiger Punkt für Mitarbeiter in Indien die Kontinuität des Gehalts, d.h. die Arbeitsstelle ist sicher.
Man sollte zudem nicht vergessen, dass es in Indien keine Arbeitslosenversicherung gibt. Viele haben zudem keine Krankenversicherung. All das führt zu einer Abhängigkeit vom Job.
Angebot und Nachfrage
In den letzten Jahren war das Angebot und die Nachfrage etwa ausgeglichen. In den kommenden Jahren kann man jedoch, durch die steigende Digitalisierung aller Bereiche, davon ausgehen, dass es in Indien mehr Jobs als gute Entwickler auf dem Markt gibt. Somit sind Entwickler in Indien in einer guten Situation und können “verhandeln”.
Indienweite Suche
Man sollte zudem nicht vergessen das der indische IT Markt sehr gross ist. Ein indischer Entwickler kann im Notfall eine Stelle weit entfernt vom Heimatort annehmen, um so sein Wunschgehalt zu erzielen.
Der indische Arbeitgeber
Als Unternehmen aus Europa hat man oft das Gefühl, dass indische Arbeitgeber ihre Mitarbeiter ausnutzen und schlechte Arbeitsbedingungen bieten. In Wahrheit sind alle guten indischen IT Unternehmen darin bedacht einen guten Eindruck ihren Mitarbeitern gegenüber zu machen.
Somit werden in den meisten oder besser gesagt in fast allen Fällen langfristige Beschäftigungs-Chancen geboten. Ein “Hire-and-Fire” wie man es aus den USA kennt, ist in Indien eher selten der Fall.
Der indische Arbeitgeber macht in den meisten Fällen folgendes, um eine langfristige Beschäftigung anbieten zu können. Hier einige Massnahmen:
- Beschäftigung von vielen Junior-Mitarbeitern: Junior Mitarbeiter in Indien haben ein sehr viel niedrigeres Gehalt als das von Senior Entwicklern. Dementsprechend ist es auch lukrativ für ein indisches IT Unternehmen, solche Junioren an Projekten arbeiten zu lassen.
- Fokus auf Mitarbeiter anstatt auf Kunden: Viele IT Unternehmen haben zudem einen Fokus auf ihre eigenen Mitarbeiter. Somit wird oftmals das “Risiko” auf den Kunden abgewälzt. Zum Beispiel wird sichergestellt dass der Rechnungsbetrag die Gehälter und die Kosten definitiv tragen. Dies führt natürlich dazu, dass der Kunde nicht den optimalen Preis, oder die optimale Leistung (da unerfahrene Junior Entwickler) erhalten. Die Langfristigkeit der Beschäftigung ist jedoch sichergestellt, welches wiederum für ein indisches Unternehmen sehr wichtig ist.
Der indische Arbeitgeber weiss wie wichtig die richtigen Mitarbeiter sind und wird daher einiges unternehmen, um diese bei sich zu halten. Er weiss zudem, dass es einen schlechten Eindruck machen würde, wenn Mitarbeiter unzufrieden das Unternehmen verlassen.
Fazit des Fazit’s
Zu hoffen dass man als Unternehmen aus dem finanzstarken europäischen Raum kommt und daher auf Gehaltserhöhungen verzichten kann, ist ein Fehlgedanke und kann dazu führen dass Mitarbeiter das Unternehmen verlassen. Somit sollte man bei diesem empfindlichen Thema Fingerspitzengefühl entwickeln.
Interessante Links:
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Bilder: Flickr.com/ Sonin/ bradleypjohnson
Der Autor: Sascha Thattil arbeitet bei YUHIRO und hilft Unternehmern und Unternehmen beim einfachen Aufbau von Programmier-Teams in Indien. YUHIRO ist ein deutsch-indisches Unternehmen welches IT Firmen, Agenturen und IT Abteilungen Softwareentwickler bereitstellt.
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