Offshore Outsourcing: Vorteile, Nachteile und Probleme

Planen Sie ein Offshore Outsourcing Vorhaben, oder sind Sie gerade dabei es umzusetzen? Hier ein paar Tipps zum Thema und welche Herausforderungen man dabei haben könnte.

Ganz ehrlich

In diesem Beitrag versuchen wir so ehrlich mit dem Thema wie möglich zu sein. Keine Verschönigungen, keine Schwarzmalerei. Ehrenwort.

Warum haben Sie sich für Offshoring entschieden?

Meistens hat es einen der folgenden Gründe warum Sie nach Indien, Pakistan oder andere Auslands-Standorte, IT Aufgaben verlagern oder von dort zusätzliche IT Fachkräfte besorgen.

  1. Schwer Entwickler zu finden: Wenn man nicht gerade in einer Metropole wie München, Hamburg, Berlin ansässig ist und SAP, Microsoft, Siemens, BMW oder Mercedes heisst, dann wird es bereits schwer. Auch weil fast jedes Unternehmen etwas mit “Digital” machen möchte und gefühlt jeder Softwareentwickler anheuert.
  2. Kosten senken: Wenn man ganz ehrlich ist, dann geht es natürlich auch darum Kosten zu senken. Und wenn es nur darum geht, mit anderen Firmen mitzuhalten, welche bereits Offshore Outsourcing Dienstleistungen beziehen und dadurch günstigere Konditionen anbieten können.
  3. Administrative Reduktion: Nicht jeder kann einfach mal so zwei oder drei neue Computerarbeitsplätze schaffen. Wenn man ein Büro für zehn Leute hat, dann müsste man entweder Anbauen oder umziehen. Auch Computer, Büroausstattung, etc. müssen beschafft werden. Gehaltsabrechnungen müssen geschrieben werden, Steuern müssen berechnet und abgeführt werden. Undsoweiter undsofort. All das lässt sich durch den Offshore Ansatz abdecken.

Wann lohnt es sich?

Lohnen tut es sich dann natürlich nur, wenn man denn auch wirklich Entwickler am Offshore Outsourcing Standort findet, die Kosten wirklich niedriger sind oder der administrative Aufwand reduziert wird.

Nur wenn eines oder mehrere dieser Dinge nicht eintreffen, dann hat man natürlich ein Problem. Denn das war ja die Idee hinter dem Vorhaben.

Hier nun ein paar Probleme die üblicherweise auftreten:

Banale kulturelle Unterschiede, welche Kommunikations-Schwierigkeiten erzeugen

Heutzutage ist gefühlt jeder erfolgreich mit Offshore Outsourcing, besonders wenn man sich in der Szene auskennt. Sei es kleine IT Dienstleister oder mittelständische Softwareunternehmen, fast jeder hat ein kleines oder grosses Entwickler Team in Rumänien, der Ukraine oder Indien sitzen.

Neulinge in diesem Bereich stolpern jedoch meistens über Kleinigkeiten, aus dem kulturellen Bereich.

a) Warum hat der Mitarbeiter in Indien wieder mal Urlaub genommen? Um seinen kranken Onkel zu besuchen?

In Deutschland würde man Urlaub nehmen, wenn die Mutter oder der Vater krank wird und auch hier ist man eher sparsam. Es wird nicht erwartet dass der Sohn oder die Tochter da ist.

Auf dem Subkontinent und in Asien ist das generell anders. Auch wenn “weiter entfernte” Verwandte Krank werden, wird Unterstützung erwartet.

Somit wird oftmals für aus der Deutschland-Sicht für banale Dinge Urlaub beantragt und dass dann meistens auch ziemlich kurzfristig.

b) Nicht so pünktlich

Von Angestellten in Deutschland erwartet man, dass diese pünktlich sind (beim Chef kann das meistens anders aussehen 😊 ).

Wenn man jedoch 11:00 Uhr als Termin nennt. Dann kann daraus auch gut und gerne mal 11:15 Uhr oder 11:30 Uhr werden.

Zumindest zum Start der Zusammenarbeit muss man hier öfter darüber sprechen, bis das klar ist, dass Pünktlichkeit erwartet wird.

Man sollte nicht vergessen: Auch in Deutschland ist das meistens ein Prozess der Jahre dauert, bis Leute verstehen, dass sie pünktlich sein sollen.

c) Nicht so genau

In Indien passt es, wenn es zu 95 Prozent passt. Der Perfektionist wird oftmals nicht in Indien geboren.

Trotzdem: In der Softwareentwicklung könnte man behaupten: 95 Prozent sind gut genug. Besonders Software kann man oftmals nicht zu 100 Prozent perfekt hinbekommen. Die letzten 5 Prozent sind meistens eher aufwändig. Und auch in Deutschland oder wo auch immer auf der Welt lohnt es sich nicht, es so perfekt zu machen.

Möglichkeiten diese Herausforderungen zu meistern: 1) Einen Software Tester haben, welcher die fertigen Aufgabenpakete gegentestet 2) Selbst testen, wenn es ein kleines Team ist 3) Dem Entwickler einen simplen Leitfaden an die Hand geben, wie er die Tests durchzuführen hat

d) Nicht so schnell?

Oftmals wird auch gesagt, dass indische Entwickler langsamer sind, als Deutsche.

Ob diese Aussage einen Wahrheitsgehalt ist schwer zu prüfen. Denn ein guter Entwickler kann eine Aufgabe in einer Stunde machen, für welches ein anderer Entwickler mehrere Stunden und eventuell Tage braucht.

Dabei ist das Land wo sich der Programmierer befindet nicht entscheidend.

In der Realität kann fast kein Angestellter, wo auch immer dieser sitzt, 8 Stunden am Tag produktiv arbeiten (obwohl man das als Arbeitgeber natürlich gerne so hätte). Meistens kann man von zirka 4 bis 5 Stunden ausgehen. Wenn überhaupt.

Erfahrung mit der Entfernung

Die Entfernung ist heutzutage kein Problem mehr. Es macht eigentlich keinen Unterschied ob der Coder  im dritten Stock des Unternehmens sitzt, in einer anderen Stadt oder in einem anderen Land.

Entwicklungs-Tools sind heutzutage darauf ausgerichtet, dass Entwickler, “Remote” miteinander arbeiten. Dabei bedeutet Remote bereits, dass nicht zwei Entwickler am gleichen Rechner arbeiten können. Dateien müssen immer miteinander, auf die eine oder andere Weise, geteilt werden.

Hauptgrund warum es nicht klappt: Politik, Machtverhältnisse, Angst

Wie bereits erwähnt: Sehr viele Unternehmen aus Deutschland, ob gross oder klein sind bereits erfolgreich mit indischen Entwicklern unterwegs.

Warum klappt es dann bei einigen nicht?

Sehr einfach. Die Gründe sind hier erwähnt:

a) Mitarbeiter waren nicht involviert

Bereits ab einer Firmengrösse von 30 oder mehr Mitarbeitern, wo nicht mehr der Geschäftsführer direkt mit dem Entwickler zusammenarbeiten würde, müssen auch die Mitarbeiter in den Prozess der Auswahl des IT Dienstleisters in Indien und auch der Auswahl des Programmierers/ des Teams involviert sein.

In der Praxis heisst das eigentlich nur, dass nicht der Geschäftsführer nach dem IT Dienstleister in Indien sucht, sondern man die Aufgabe an einen Projektleiter oder Programmierer abgibt, der/ die das Projekt später auch leiten wird.

Problematisch wird es, wenn man einen IT Dienstleister und Entwickler vom Management serviert bekommt, ohne ein Mitspracherecht.

b) Gewerkschaft

Ab 100 Mitarbeitern und einer möglichen Gewerkschaft im Unternehmen in Deutschland kann es sein, dass die Gewerkschaft sagt “Ok, ihr könnt uns auch weniger zahlen, aber Bitte stellt keine Leute ausserhalb Europa’s ein”. Kann vorkommen.

c) Furcht vor Stellenabbau

Werden jetzt in Deutschland die Stellen abgebaut und vermehrt in Indien angeheuert. Auch das führt zu Blockaden.

Hier muss auch den internen Mitarbeitern klar sein: In einer globalen Welt, kann man nicht nur lokal anheuern. Standorte in den USA, Asien, Europa sind heutzutage eher die Regel, als die Ausnahme. Die Standorte in Deutschland profitieren sogar oftmals stärker von diesen Möglichkeiten als die Auslands-Dependancen.

d) Schlechte Erfahrungen zum Start der Zusammenarbeit

  1. Bewerber in Indien tendieren öfter mal, einfach so nicht an Bewerbungsgesprächen teilzunehmen. Das wirkt meistens negativ. Lösung: Hier sollte man einfach dran bleiben. Wenn man einige Bewerbungsrunden durch hat, dann klappt es meistens mit dem einen oder anderen Entwickler.
  2. Es kann sein dass der erste nicht der richtige “Hire” war: Manchmal passt der Entwickler einfach auch nicht. Weil dieser/ diese vielleicht nicht für die Stelle geeignet war. Aus welchen Gründen auch immer. Das ist der Erfahrung nach bei zirka 10 bis 15 Prozent der Fälle so.
  3. Fängt nicht an: In anderen Fällen, werden Stellenangebote angenommen. Aber zum Arbeitsbeginn erscheint die Entwicklerin nicht. Das ist auch ein ungeklärtes Phänomen 😊 Auch hier die Lösung: Einfach weiter suchen. Der oder die nächste wird höchstwahrscheinlich anfangen.

Meistens sind es jedoch politische Gründe warum es dann langfristig nicht klappt.

Hier noch ein paar Vorteile:

Die Vorteile sollen nicht unerwähnt bleiben.

1) Man wird zum internationalen Unternehmen

Ideen von unterschiedlichen Blickwinkeln zu bekommen ist eine wichtige Stärke von Unternehmen. Wenn die Kollegen aus den unterschiedlichen Ländern miteinander zusammenarbeiten, dann entsteht ein Verständnis für die Probleme und Herausforderungen des jeweils anderen.

Man kann seine Unternehmenskultur auch darauf ausrichten. Moto’s wie “One Family” oder “One Team” oder “One Firmenname” können dazu führen, dass man weiss das man im gleichen Boot sitzt.

2) Zugang zu einem weiteren Arbeitsmarkt

In Deutschland gibt es gut ausgebildete und fähige Mitarbeiter. Der Konkurrenzkampf ist jedoch nicht ohne.

Eine Entlastung kann hier ein Offshore Outsourcing sein, über welches man eine Erweiterung für sein eigenes Team findet.

Nach den USA ist Indien der Ort mit den meisten Softwareentwicklern.

Die Kosteneinsparungen ist natürlich eine weitere Chance.

Fazit

Der Erfolgsfaktor im Offshore Outsourcing schlechthin ist:

Ein Verständnis dafür zu haben, dass bereits viele Unternehmen erfolgreich damit sind. Das einzige Wichtige ist, Durchhaltevermögen zu haben.

Der andere wichtige Punkt ist:

Die Mitarbeiter müssen involviert sein. Eine Entscheidung allein durch das Management kann klappen, wenn die Gesamtbelegschaft zirka 10 Mitarbeiter oder weniger ist. Bei mehr, braucht es eine Art Buy-In und wenn es, wie im Beitrag beschrieben ist, nur darum geht, dass der Projektleiter oder der Programmierer das neue Team in Indien auswählt.

Was sind Ihre Erfahrungen mit Offshore Outsourcing?

Bilder: Canva

Interessante Links:
Interessante Auseinandersetzung mit dem Thema Outsourcing nach Indien von Noventum
Vorteile und Nachteile von Offshore Outsourcing


Der Autor: Sascha Thattil arbeitet bei YUHIRO und hilft Unternehmern und Unternehmen beim einfachen Aufbau von Programmier-Teams in Indien. YUHIRO ist ein deutsch-indisches Unternehmen welches IT Firmen, Agenturen und IT Abteilungen Softwareentwickler bereitstellt.

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