Sind indische Arbeitgeber gut oder schlecht? Arbeitsbedingungen in Indien

Wenn man mit Kunden aus Deutschland spricht, dann kommt oftmals die Frage nach den Arbeitsbedingungen bei uns oder generell bei Arbeitgebern in Indien.

Die Frage ob ein Arbeitgeber aus Südasien besser oder schlechter ist, kann nicht unbedingt genau beantwortet werden. Die Antwort geht eher in Richtung “Es kommt darauf an”.

Im Beitrag mehr Informationen zu indischen Arbeitgebern und deren Standards.

Rechte und Pflichten eines Unternehmens

Wie in Deutschland auch, gibt es in Indien ein Arbeitsrecht.

In diesen Bestimmungen sind die Rechte und Pflichten von Arbeitgebern sowie die von den Arbeitnehmern geregelt.

Laut § 3 ArbZG (Arbeitszeitgesetz) darf ein Mitarbeiter nicht länger als 8 Stunden an einem Werktag arbeiten. In Sonderfällen darf bis zu 10 Stunden am Tag gearbeitet werden. Hier muss jedoch beachtet werden, dass im Durchschnitt lediglich 8 Stunden, in einem 6 Monatszeitraum, gearbeitet wurden.

Da Werktage von Montags bis Samstag sind, kann man grundsätzlich von einer maximalen Wochenarbeitszeit von 48 Stunden, nach deutschem Arbeitszeitgesetz, ausgehen.

Nun zur indischen Regelung hierzu.

Auch in Indien ist die maximal zulässige Arbeitszeit pro Tag auf 8 Stunden (laut Indian Factories Act, 1948) geregelt. Auch die maximale Wochenarbeitszeit beträgt 48 Stunden.

In der Überstunden-Regelung ist zudem vorgesehen, dass Arbeitszeit, welche über die 48 Stunden hinausgehen, mit dem doppelten Stundensatz zu vergüten sind.

Wie man merkt: Die Gesetzeslage in beiden Ländern sind ähnlich.

Wie sieht die Praxis aus?

Wie viele wissen, geht die alltägliche Praxis und das Arbeitsgesetz oftmals etwas auseinander.

Auch in Deutschland werden die Arbeitsgesetze nicht immer zu hundert Prozent eingehalten. Der Gesetzgeber kann nicht alles überwachen.

Es kommt immer darauf an.

Hier ein Einblick zu den verschiedenen Industrien:

IT Industrie:

In Indien ist die IT Industrie sehr gross und hat zirka 3.7 Millionen Angestellte.

Es gibt sehr grosse Unternehmen, welche gute Arbeitsplätze bereitstellen. Diese Firmen halten sich an die meisten Arbeitgebergesetze. Beschwerden gibt es meistens mit Überstunden die geleistet werden müssen, oftmals auch unbezahlt. Besonders indische Firmen tendieren dazu einen Freizeitausgleich zu geben, anstatt einer Bezahlung.

Die Arbeitsplatzsicherheit in indischen IT Unternehmen ist tendenziell gut. Solange der Arbeitnehmer eine gute Leistung erzielt, steht einer Weiterbeschäftigung nichts im Wege. Die Auftragslage dieser IT Unternehmen ist eher gut bis sehr gut.

Auch kleinere IT Unternehmen in Indien bieten gute Beschäftigungsmöglichkeiten. Besonders der IT Sektor kämpft teilweise um gute Mitarbeiter. Daher werden diese Unternehmen bereits von sich aus bereit sein, gute Konditionen bereitzustellen. Die Vorteile sind meistens, reguläre Arbeitszeiten, gute Gehälter und angenehme Arbeitskonditionen.

Fazit zur IT Industrie: Arbeitgeber werden von sich aus bereits gute Bedingungen bereitstellen. Eine Angst, von Seiten deutscher Auftraggeber, ist unbegründet. Gleichzeitig ist es meistens im grossen Bestreben des indischen Arbeitgebers, einen guten Eindruck gegenüber seiner Mitarbeiter zu machen, da es sich um gut ausgebildete und fähige Personen handelt.

Die Realität sieht daher so aus, dass der indische Arbeitgeber ein viel höheres Interesse an einem positiven Beschäftigungsverhältnis mit seinen IT Mitarbeitern hat, als dies ein Auftraggeber aus Deutschland je haben könnte. Langfristige Beschäftigungsverhältnisse sind in der Regel im grossen Interesse des indischen Arbeitgebers.

Einfache Arbeitsbeschäftigungen (Auf dem Bau/ Auf dem Land):

Auf Baustellen und in der Agrarwirtschaft sieht die Situation schon anders aus. Die Arbeitsbedingungen sind hier meistens schlecht. Besonders für die einfachen Mitarbeiter.

Die Gehälter sind meistens sehr niedrig, die Wohnmöglichkeiten beschränkt (meistens selbst-errichtete Hütten) und auch die sonstigen Bedingungen sind meistens mehr als ungenügend.

Leider gibt es in Indien auch noch keine weitreichenden Regelungen/ Arbeitsvereinigungen welche diese Bedingungen verbessern. Oftmals haben die Bundesstaaten jedoch Einrichtungen erstellt, welche sich um das Wohlergehen der sogenannten “Migrant Labourers” (Englisch für „Wanderarbeiter“, da sie meistens aus anderen Teilen des Landes kommen) kümmern. Hierbei geht es meistens um gesundheitliche Versorgung.

In Fabriken:

In Fabriken mit mehr als hundert Beschäftigten gibt es sogenannte “Unions”, auf Deutsch auch Gewerkschaft, welche sich für die Rechte der Mitarbeiter einsetzen.

Oftmals sind die Forderungen so hoch, dass die Fabriken schliessen müssen.

Besonders in Bundesstaaten wie Kerala oder Westbengalen ist dies ein sehr grosses Problem und grosse Unternehmen meiden diese Regionen oftmals. Gewerkschaften und Kommunismus waren dort lange Zeit und zum Teil heute noch sehr stark. (Die IT Industrie in diesen Regionen ist glücklicherweise davon ausgenommen)

Auch in anderen Teilen des Landes stellen Gewerkschaften die Firmen vor grosse, oftmals auch unlösbare, Herausforderungen.

Vergleich zu Deutschland

Auch in Deutschland sind die Gewerkschaften stark. Besonders in der Stahlindustrie oder bei der Deutschen Bahn.

Gleichzeitig muss die IT Industrie, auch in der Bundesrepublik, gegenüber ihren Mitarbeitern attraktiv sein und bietet daher positive Arbeitsverhältnisse.

Auf dem Bau und in der Agrarwirtschaft kommt es auch zu negativen Beschäftigungsverhältnissen durch die Verrichtung von Arbeiten durch Personen aus Osteuropa.

Die Situation ist daher nicht ganz unterschiedlich zu Deutschland.

Dennoch: Einen grossen Unterschied gibt es. Es gibt keine grosse Absicherung, in Indien, in Form von Arbeitslosenversicherungen oder Krankenversicherungen.

Daher ist ein Arbeitnehmer in Indien oftmals sehr abhängig von dem Gehalt, dass er/ sie erhält.

Weitere Unterschiede

Auch sollte man nicht vergessen, dass Deutschland einen relativ hohen Wohlstand besitzt. Es herrscht nahezu Vollbeschäftigung, das Gehaltsniveau ist generell hoch und die Unternehmen sind oftmals gross und international ausgerichtet.

Indien dagegen kämpft noch mit einigen Hürden, welche unter anderem durch die Geschichte (Kolonialismus) und der Regierung (Korruption) verursacht werden. Indien macht jedoch immer schnellere und grössere Schritte in Richtung Wirtschaftsmacht.

Fazit

Die Frage, ob ein indischer Arbeitgeber besser oder schlechter ist, als sein Deutsches Pendant, ist schwer zu beantworten.

Oftmals kommt es auf die Industrie an (beispielsweise: IT Industrie versus Bau versus Fabrik), die Region (Stadt versus Land) und die Verhandlungsmacht der Arbeitnehmer als Ganzes.

Die Realität ist natürlich auch, dass das Rechtssystem, die Polizei, etc. viel ausgereifter sind als in Indien. Auch dies sollte man nicht vergessen.

Auf der anderen Seite: Auch indische Arbeitnehmer, besonders wenn sie ein wenig gebildet sind, kennen ihre Rechte. Man sollte auch dies nicht unterschätzen.

Welche Erfahrungen haben Sie gemacht?

Interessanter Beitrag:
Arbeitsbedingungen in Indien – Die Jagd nach Talenten

Bilder: Flickr.com/ Andrea/ Trocaire/ Depenbusch


Der Autor: Sascha Thattil arbeitet bei YUHIRO und hilft Unternehmern und Unternehmen beim einfachen Aufbau von Programmier-Teams in Indien. YUHIRO ist ein deutsch-indisches Unternehmen welches IT Firmen, Agenturen und IT Abteilungen Softwareentwickler bereitstellt.

2 Kommentare
  1. Gut beschrieben, danke der Blog ist sehr interessant.
    Ich komme gerade zurück von einem Businesstrip aus Indien.
    Eine Frage: Darf man die Mitarbeiter loben?
    Ich habe ein gut organisiertes Team mit einem guten Skilllevel in den Besprechungen erlebt und möchte das gerne auch rüberbringen.

    Liebe Grüsse,
    Juliane

    • Hallo Juliane,

      natürlich darf man das 🙂
      Was spricht dagegen?

      Ich denke in jeder Kultur wird ein Lob positiv aufgenommen.

      Viele Grüsse
      Sascha Thattil

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