Warum ist es so schwer, Programmierer in Deutschland zu finden?

Der Beruf des Programmierers und Softwareentwicklers ist der Nerd-Ecke entwachsen. Die fortschreitende Digitalisierung sämtlicher Wirtschaftsbereiche sorgt für eine immens steigende Nachfrage an fachkundigem Personal, Spezialisten und Experten für die Erstellung von Softwareprodukten. 

Der Arbeitsmarkt in Deutschland kann diese Nachfrage aus verschiedenen Gründen nicht bedienen. Ein beträchtlicher Teil der ausgeschriebenen Stellen für Programmierer bleiben unbesetzt oder über mehrere Monate vakant. Dieser Artikel zählt die Gründe hierfür auf.

Technischer Fortschritt schneller als die Entwicklung des Arbeitsmarktes

Nahezu jede Abteilung eines Unternehmens, ganze Behörden und staatliche Einrichtungen sowie Lieferketten und geschäftliche Netzwerke rund um den Globus beruhen auf digitalen Prozessen. Der Personalaufwand für deren Aufrechterhalten ist eine Investition in die Konkurrenzfähigkeit eines jeden Beteiligten. Diesem Bedarf wird der Arbeitsmarkt in Deutschland nicht gerecht. 

Die Gründe dafür liegen in der schleppenden Digitalisierung der Schulen und der weiterführenden Bildungseinrichtungen auf dem späteren Bildungsweg sowie der mangelnden Digitalkompetenz der Lehrkräfte. Die Berufs- und Hochschulausbildung in Deutschland kann nicht den Nachwuchs liefern, den der technische Fortschritt benötigt.

Einwanderung von Fachkräften als Herausforderung – Indien als Vorbild

Der Arbeitsmarkt in Deutschland kann nur in einem sehr begrenzten Umfang auf die Unterstützung aus dem Ausland setzen. Hierzulande gilt die Beschäftigung für hoch qualifizierte Fachkräfte aus fremden Ländern als nicht sonderlich attraktiv. 

Indien, dessen junge Leute von sich aus sehr technikbegeistert sind, bringt Programmierer und andere in IT-Berufen ausgebildete Experten hervor, die jeder Arbeitsmarkt der Welt mit Kusshand nehmen würde.

Dass diese kaum einen Blick nach Deutschland werfen, hat mehrere Gründe. Zum einen dauert die Erteilung von Arbeitsgenehmigungen unerträglich lange, da die Arbeitsämter genauso unter Personalmangel leiden. Auch hier fehlt die Digitalisierung, die Anerkennungsverfahren und Visaprozesse wesentlich erleichtern würde, da kein ausreichendes Personal vorhanden ist – so dreht sich das Problem im Kreis.

Andererseits sind die Kulturunterschiede sehr groß – in Indien hat die Familie einen wesentlich höheren Stellenwert als hierzulande, sodass Fachkräfte vom Subkontinent nach getaner Ausbildung in Europa oder Übersee lieber nach Hause zurückkehren. Dort sind die Verdienste zwar geringer, aber betragen die Lebenshaltungskosten eben auch nur einen Bruchteil dessen, was der Alltag in Deutschland oder den USA kosten würde.

Vorbildfunktion hat Indien, wenn es um die Förderung von IT-Nachwuchskräften geht. Dort ansässige IT-Dienstleister betreiben ihre hauseigenen Trainingszentren für die Vermittlung von Basiswissen, die tausende von Berufseinsteigern gezielt auf den Arbeitsalltag vorbereiten. Nicht umsonst haben die CEOs der Techgiganten Google und Microsoft ihre Wurzeln in Indien. Zudem erreichen die vom Subkontinent stammenden Softwareerzeugnisse teils einen höheren Wert als die saudi-arabischen Ölexporte.

Anspruchsvolles Studium der Informatik mit zu allgemeiner Ausrichtung

Die Programmierung und Softwareentwicklung ist nur ein Feld des Informatikstudiums an den (Fach-)Hochschulen in Deutschland. Daneben vermitteln diese Bildungseinrichtungen weitere Teilgebiete wie

  • Wirtschaftsinformatik
  • Hardware
  • Betriebssysteme
  • Netzwerke
  • Software-Engineering
  • Computergrafik
  • Theoretische Informatik

Die Bandbreite des Wissens, welches die Studierenden erhalten, ist somit von einer Größenordnung, der nicht jeder gewachsen ist. Entsprechend hoch ist die Abbrecherquote. 

Weiterhin sorgt dieses weite Feld der Informatik-Themen dafür, dass das Studium sehr allgemein gehalten ist und nicht für die Ausbildung von Spezialisten sorgt. Somit wird nicht jeder IT-Absolvent automatisch ein begnadeter Programmierer.

Die richtige Ansprache im Recruiting-Verfahren

Die Digitalisierung ist ein Prozess, der nicht die Frage nach dem „ob“, sondern nach dem „wann“ und „wie“ stellt. Keine Firma kann es sich leisten, diesen Trend zu verschlafen. 

Da Unternehmen, die in ihrer Geschichte nie etwas mit der Entwicklung von Software zu tun hatten, sich gezwungen sehen, im Bereich Developing nachzurüsten, fehlt ihnen die Erfahrung für einen derartigen Bewerbungsprozess. Ihre Personalabteilungen müssen lernen, wie sie heiß begehrte IT-Experten neugierig machen, ansprechen, umwerben und im Unternehmen halten. Auch dies ist ein Prozess, der durch die Auslagerung des Recruitings an spezialisierte Personaldienstleister entscheidend unterstützt werden kann. Dieses Bewusstsein muss sich in Unternehmen, die bislang abseits der IT tätig waren, zunächst etablieren.

Programmier-Experten sind in einem entscheidenden Maße kreativ tätig und benötigen ein Umfeld, welches diesen Wesenszug unterstützt. Sie fühlen sich von starren Arbeitszeiten, Dienstplänen, autoritären Hierarchien und Bürozwang eingeengt sowie durch fachfremde Tätigkeiten wenig wertgeschätzt. 

Ein Obstkorb, ein großes Sommerfest sowie eine jährliche Weihnachtsfeier genügen ihnen nicht als Benefit, um einen potenziellen Arbeitgeber attraktiv zu finden. Sie zahlen die Investition in eine schöpferisch anregende Umgebung, in der sie sich frei entfalten können, mit durchdachten und höchst ansprechenden Lösungen zurück.

Moderne Technologien und stetige Erneuerung sowie fortlaufende Weiterbildungen sollten den Interessenten mithilfe des Internetauftrittes eines Unternehmens sofort ins Auge fallen, bevor sich ihre Bewerbungsunterlagen auf den Weg zum Personaler machen.

Hohe Nachfrage, hohe Gehälter

Nicht jedes Unternehmen kann die Gehaltsforderungen erfüllen, die stark nachgefragte Fachkräfte wie Programmierer an sie stellen. Bewerber können in einer solchen Situation äußerst wählerisch sein, was das Unternehmen an sich, die Branche und die Vergütung betrifft. 

Weitere Faktoren für die Höhe der Gehälter sind die Umstände der Region, in der die Tätigkeit ausgeübt wird. Andere Vergünstigungen, wie Homeoffice und, weiter oben erwähnt, ein passendes Arbeitsumfeld, sind Trümpfe, die kleinere Unternehmen mit weniger Finanzkraft ihren Interessenten in Aussicht stellen und damit moderatere Gehälter versüßen können.

Konkurrenz durch andere Berufsgruppen

Der Beruf des Programmierers konkurriert schon innerhalb der IT mit zahlreichen anderen Themenfeldern, wie im Abschnitt zum Informatikstudium zu lesen ist. Und auch außerhalb des IT-Universums sind Jobs aus anderen Bereichen des Lebens sehr angesagt:

  • soziale Berufe
  • Lehrberufe
  • Ingenieure
  • staatliche und kommunale Einrichtungen
  • Automobilindustrie
  • Maschinenbauer
  • Chemiker
  • Wirtschaftsleute
  • Finanzexperten
  • Tourismus
  • Medien und Kultur

Der überall um sich greifende Fachkräftemangel sorgt dafür, dass sämtliche Branchen um Interessenten für Ausbildungen und offene Stellen konkurrieren. 

Zudem beeinflusst der demografische Wandel den Nachwuchs von jungen qualifizierten Jobanwärtern, während der Durchschnitt der Arbeitnehmer immer älter wird. Die IT ist ein sich stetig veränderndes Feld mit einem hohen Weiterbildungsbedarf, dem nicht jeder – ob jung oder alt – gewachsen ist.

Fazit

Dass viele offene Stellen für Programmierer in Deutschland schwer oder gar nicht zu besetzen sind, hat mehrere Gründe. Das Studium der Informatik als Voraussetzung für einen Job als qualifizierter Softwareentwickler ist anspruchsvoll, jedoch für die oft nötige Spezialisierung zu breit gefächert. Ausländische Fachkräfte kommen hierzulande wegen langwieriger Einwanderungsprozesse, die teils wiederum in mangelnder Digitalisierung und Personalnot begründet liegen, kaum zum Zuge.

Viele Unternehmen finden sich gerade erst im technischen Bereich zurecht und haben die zielgerichtete Ansprache an Interessenten im Bewerbungsprozess noch nicht verinnerlicht. Weiterhin erfordern attraktive Stellen für Programmierer die Schaffung einer Arbeitsumgebung, die ihnen gerecht wird. Zu guter Letzt konkurrieren auf dem Arbeitsmarkt in Deutschland nahezu sämtliche Branchen und der Staat um zu wenige Fachkräfte, während der demografische Wandel den Nachschub an jungen Leuten behindert.

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Bilder: Canva


Der Autor: Sascha Thattil arbeitet bei YUHIRO und hilft Unternehmern und Unternehmen beim einfachen Aufbau von Programmier-Teams in Indien. YUHIRO ist ein deutsch-indisches Unternehmen welches IT Firmen, Agenturen und IT Abteilungen Softwareentwickler bereitstellt.

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